«Das ist eine Attacke gegen die Schweiz»

SRG-Generaldirektor Gilles Marchand sucht die Öffentlichkeit nicht, seine Interviews sind selten. Im «SonntagsBlick» spricht er über sein Verhältnis zu Medienminister Albert Rösti, die Halbierungsinitiative, die in den nächsten Tagen eingereicht wird, das Schliessen von Social-Media-Kanälen der SRG – und wieso man für die Filmförderung künftig noch tiefer in den Gebührentopf greift.

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«Diese Initiative ist ein Angriff gegen die Schweiz» (PDF)

 

Es geht um weit mehr als die Halbierung der Medienabgabe



Die Unterschriften
für die Halbierungsinitiative sind also beisammen. Damit kann die libertäre Gruppe um SVP-Nationalrat Thomas Matter und Noch-Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler schon wieder zum Halali auf die verhasste SRG blasen. Wohlan.

Die Schweiz kommt aus einer beispiellosen Krise, die unserer Gesellschaft sehr zugesetzt hat. Just in einer Zeit, die von Polarisierung und Desinformation geprägt ist, erfolgt der nächste Angriff auf die Medienvielfalt. Natürlich kann die SRG auch mit einer Medienabgabe von 200 Franken pro Haushaltung noch Programme gestalten. (Bis 2018 betrug sie übrigens noch 450 Franken, aktuell liegt sie bei 335 Franken, was einer Reduktion von 25 Prozent entspricht.)

Viele Programme würden bei einem Ja wegfallen – von den teuren Informations- und Hintergrundsendungen über Live-Sport bis zu Unterhaltungskisten, die viele Leute mögen. Nicht zu vergessen: Die SRG ist die grösste Kulturproduzentin des Landes. Nach einem Ja zur Halbierungsinitiative würde für Film-, Literatur- und Musikförderung nichts mehr übrigbleiben.

Klar, deswegen geht die Schweiz nicht unter. Aber eine Schweiz ohne Filme wie «Die göttliche Ordnung», ohne Serien wie «Tschugger» oder «Wilder», ohne Förderung der Literaturfestivals und ohne «Radio Swiss Pop» mit einem Anteil von 50 Prozent Schweizer Musik wäre eine markante Verarmung.

Damit sind wir sind beim entscheidenden Punkt angelangt.

Bei der Abstimmung über die Halbierungsinitiative geht es nicht nur um die Finanzierung des öffentlichen Medienhauses. Es geht im Kern um die Frage, ob sich die «Ich-Ich-Ich!»-Schweiz durchsetzt oder die «Wir»-Schweiz. Es geht also um Egoismus vs. Gemeinsinn.

Das gesamte Angebot der SRG kostet 90 Rappen pro Tag

Doris Dosenbach findet die Hintergrundsendungen von Radio SRF und einige Podcasts top, das Fernsehangebot hingegen hält sie für unterkomplex. Ihr Nachbar Hugo Hugentobler schaut sich mit Freude die Quiz- und Kochsendungen an, News und Dokumentationen interessieren ihn hingegen nicht. Dass sich seine Kinder auf Youtube, Instagram und Tiktok viele SRG-Inhalte reinziehen, kriegt er nicht mit.

Die Dosenbachs und Hugentoblers dieses Landes zeigen Gemeinsinn, wenn sie die Präferenzen der anderen nicht nur respektieren, sondern auch bezahlen, genauso wie Kinderlose die Sanierungen der Schulhäuser mitfinanzieren. Aktuell kostet das gesamte Angebot der SRG 90 Rappen pro Tag, rund 75 Prozent aller Firmen sind von der Medienabgabe befreit.

Schon heute lässt sich erahnen, was mit der Halbierungsinitiative auf uns zukommt, bei der es sich faktisch um eine «No Billag 2» handelt, denn: Ist die SRG erst einmal halbiert und kann kein Vollprogramm mehr bieten, verabschiedet sich auch die Masse. Mit dem dritten Frontalangriff wird die SRG dann vollends ausradiert.

Was geschieht, wenn man die Medien den Kräften des Marktes überlässt, zeigen die USA: Ein Präsident Donald Trump wurde nur möglich, weil er den grossen werbefinanzierten TV-Fernsehstationen hohe Einschaltquoten bescherte. Es leuchtet ein, dass der Markt in der kleinräumigen viersprachigen Schweiz nicht mehr funktioniert.

Innerhalb von 15 Jahren schmolz der Werbeumsatz auf einen Drittel

Die privaten Medien in der Schweiz konnten 2007 mit Werbung 2,2 Milliarden Franken erwirtschaften. Im letzten Jahr waren es noch 730 Millionen Franken. Innerhalb von 15 Jahren ist der Werbeumsatz also auf etwa einen Drittel geschmolzen. Nicht die SRG ist schuld daran, das Werbegeld fliesst zu den Tech-Giganten in Kalifornien, also zu Amazon, Google und Meta (Facebook & Co.). Diese Entwicklung ist irreversibel, mittelfristig lässt sich mit Journalismus kein Geld mehr verdienen.

Mit deutlich teureren Abonnements können die Schweizer Medienhäuser den Abfluss an Werbegeld nicht annährend kompensieren. Die Bereitschaft, für Online-Journalismus zu bezahlen, liegt aktuell bei 17 Prozent. Vor fünf Jahren betrug dieser Wert 13 Prozent. So viel zum «Medienmarkt» Schweiz. Angesichts dieser Entwicklung ist es hirnverbrannt, das öffentliche Medienhaus der Schweiz halbieren zu wollen.

Die Volksabstimmung zu «No Billag 2» wird 2026 oder 2027 stattfinden. Der Ausgang ist offen, weil die Forderung verführerisch klingt.

Wir von der Bewegung Courage Civil daran, in Fronarbeit eine Allianz gegen die Halbierungsinitiative aufzubauen. Sie heisst Allianz Pro Medienvielfalt. Du kannst Teil davon werden. Das kostet nichts – ausser drei Minuten Lektüre und dem Hinterlassen deiner Daten. Hier lang: pro-medienvielfalt.ch/

«No Billag 2» ist ein Angriff auf die Vielfalt der Schweiz

Heute lanciert die libertäre Truppe um SVP-Nationalrat Thomas Matter und Gewerbeverbands-Direktor Hans-Ulrich Bigler ihre neue Volksinitiative. Sie nimmt die SRG und damit die Vielfalt der Schweiz ins Visier. Die Allianz Pro Medienvielfalt bündelt den Widerstand und hält dagegen. So stellt sie klar, dass die Haushaltabgabe in den letzten fünf Jahren um satte 25 Prozent gesunken ist. Das Mitwirken in dieser Allianz steht grundsätzlich allen offen. Unsere Medienmitteilung. 
(+ Die Namen aller Mitglieder des Co-Präsidiums sind am Ende aufgeführt. +)


In Deutschland versucht die AfD seit Jahren, die Rundfunkanstalten ARD und ZDF zu schwächen. In Grossbritannien kommt es immer wieder zu ruppigen Attacken auf die BBC. Das gilt auch für die SRG in der Schweiz, notabene keine öffentlich-rechtliche Anstalt, sondern ein Verein mit rund 22’000 Mitgliedern.

Vier Jahre nachdem das Schweizer Volk die No-Billag-Inititive mit 71,6 Prozent Nein versenkt hat, erfolgt bereits der nächste Angriff auf die Vielfalt der Schweiz. Was die libertäre Truppe um SVP-Nationalrat Thomas Matter und Gewerbeverbands-Direktor Hans-Ulrich Bigler mit ihrer SRG-Initiative vorlegt, ist faktisch eine «No Billag 2».

Die neu gegründete Allianz Pro Medienvielfalt hält dagegen. Ihr Co-Präsidium besteht aus Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Sport, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die Bewegung Courage Civil, die sich 2018 während des Kampfes gegen die No-Billag-Initiative formiert hatte, baut diese Allianz auf.

Einer der Co-Präsidenten der Allianz, der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller, schlägt eine Brücke zur aktuellen Situation in Osteuropa: «Der Krieg in der Ukraine führt uns gerade vor Augen, wie wichtig Journalismus ist. So agieren die russischen Medien als Propagandakanäle von Putins Regime. Wir in der Schweiz haben hingegen Zugang zu unabhängiger Information. Mehrere Medienschaffende von Schweizer Radio und Fernsehen sind vor Ort, während ein langjähriger ehemaliger Russland-Korrespondent von hier aus für Einordnung und Analyse sorgt. Dieses Team hat bislang sehr gute Arbeit geleistet, ergänzt durch den 24-Stunden-Service von Radio SRF4 News.» Informations- und Hintergrundsendungen seien nicht günstig, ergänzt Müller. Eine solide Demokratie wie die Schweiz brauche aber unabhängige Information.

Einen anderen Aspekt bringt Mitte-Ständeratin Isabelle Chassot, eine weitere Co-Präsidentin der Allianz, ein: «Wir kommen aus einer beispiellosen Krise, die unserer Gesellschaft sehr zugesetzt hat.Und gerade jetzt, in einer Zeit der Polarisierung, erfolgt mit „No Billag 2“ ein erneuter Angriff auf die Vielfalt. Ein Ja zu dieser Initiative würde das Angebot an Information, Kultur und Sport drastisch reduzieren. Die Konsequenz wäre mehr Zentralisierung und weniger Schweiz. Dabei brauchen wir jetzt genau das Gegenteil: mehr Schweiz und mehr Vielfalt.»

Die Allianz «Pro Medienvielfalt» ist vorerst in der deutschen Schweiz aktiv. Sie setzt darauf, dass in den anderen Sprachregionen vergleichbare Projekte lanciert werden. Auf der Website pro-medienvielfalt.ch hat sie eine Grundsatzerklärung aufgeschaltet. Wer sie mitträgt, kann sie unterzeichnen und so Teil der Allianz werden.

Sujets gibt es hier unter «Medien»


Weitere Auskünfte:

– französischsprachige Schweiz:
Ständerätin Isabelle Chassot (FR/Die Mitte)
079 407 80 75

– rätoromanische Schweiz:
Nationalrat Martin Candinas (GR/Die Mitte)
078 841 66 86

– italienischsprachige Schweiz:
Nationalrätin Anna Giacometti (GR/FDP)
079 403 68 22

– Deutschschweiz:
Ständerat Damian Müller (LU/FDP), 079 569 09 39
Mark Balsiger, Geschäftsführer
079 696 97 02, mail@courage-civil.ch


Das Co-Präsidium der Allianz «Pro Medienvielfalt»

FDP:
-Rocco Cattaneo, Nationalrat TI
-Josef Dittli, Ständerat UR
-Joachim Eder, Alt-Ständerat ZG
-Alex Farinelli, Nationalrat TI
-Kurt Fluri, Nationalrat SO
-Olivier Français, Ständerat VD
-Anna Giacometti, Nationalrätin GR
-Damian Müller, Ständerat LU
-Patricia von Falkenstein, Nationalrätin BS (LDP)

Die Mitte:
-Martin Candinas, Nationalrat GR
-Isabelle Chassot, Ständerätin FR
-Charles Juillard, Ständerat JU
-Stefan Engler, Ständerat GR
-Erich Ettlin, Ständerat OW
-Brigitte Häberli-Koller, Ständerätin TG
-Heidi Z’graggen, Ständerätin UR

SP:
-Marina Carobbio, Ständerätin TI
-Edith Graf-Litscher, Nationalrätin TG
-Jon Pult, Nationalrat GR
-Flavia Wasserfallen, Nationalrätin BE

Grüne:
-Florence Brenzikofer, Nationalrätin BL
-Regula Rytz, ehemalige Parteipräsidentin & Alt-Nationalrätin BE
-Adèle Thorens, Ständerätin VD

GLP:
-Tiana Angelina Moser, Nationalrätin ZH

EVP:
-Lilian Studer, Parteipräsidentin & Nationalrätin AG

Kultur:
-Romana Ganzoni, Schriftstellerin GR
-Gardi Hutter, Clownin TI
-Salva Leutenegger, Geschäftsführerin Berufsverband Darstellende Künste
-Barbara Terpoorten, Schauspielerin VS
-Ursus & Nadeschkin, Bühnenkünstler-Duo
-Francesco Walter, Intendant Musikdorf Ernen VS
-Priska Wismer-Felder, Präsidentin IG Volkskultur, Nationalrätin LU/Die Mitte

Zivilgesellschaft:
-Nicola Forster, Präsident Schweiz. Gemeinnützige Gesellschaft
-Laura Zimmermann, Operation Libero

Medien:
-Roger Blum, emeritierter Medienprofessor Universität Bern
-Martina Fehr, Direktorin Schweizer Journalistenschule MAZ
-Casper Selg, Journalist, Mitglied des Presserats

Wirtschaft:
-Olivier Imboden, Unternehmer VS

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