Die Zürcher Nationalrätin Jacqueline Badran ist eine scharfsinnige Kritikerin. In der «SonntagsZeitung» publiziert sie seit Längerem die Kolumne #Korrigendum. Heute befasst sie sich mit der Halbierungsinitiative und mit Medienminister Albert Rösti. Wir liefern ihre Kolumne weiter unten eins zu eins und hier über diesen Link.
In medialen Jahresrückblicken wurde Bundesrat Rösti gelobt. Sein Vorgehen zeige, dass «er Bundesrat kann». Als Beispiele hielten her: die Wolfsabschüsse per Verordnung (hat ein rechtliches Chaos verursacht), der Mantelerlass Energie (vollständig von Vorgängerin Sommaruga aufgegleist), die Milliarden für neue Autobahnen (er sollte sich einmal von einem Sanitär erklären lassen, dass nicht mehr Wasser aus dem Hahnen kommt, wenn man die Durchmesser der Wasserleitungen ans Haus vergrössert, aber nicht der Leitungen im Haus; sprich: Dann stauen sich eben die Autos dreispurig vor den Städten).
Wieso dieses rein partei- und nicht sachpolitisch begründete Vorgehen positiv zu würdigen ist, lässt sich nicht nachvollziehen. Zumal seine grösste Barbarei meist unerwähnt bleibt: die Gebührenkürzungen der SRG. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Da wird per Verordnung – also ohne dass die Menschen etwas dazu zu sagen hätten – dem einzigen Medienhaus, das den Menschen im Land gehört, 170 Millionen Franken gestrichen. Die Folge: direkter Abbau von 900 Stellen und nochmals so viel bei Lieferanten. Nachdem man über Jahre argumentiert hatte, man müsse zuerst über den Leistungsauftrag reden, dann erst über das Geld, wird frisch fröhlich zuerst die Konzession unverändert verlängert und dann dafür Geld massiv gekürzt. Und das ganz ohne Not.
Die Begründung für dieses demokratiepolitisch und rechtsstaatlich ungeheuerliche Vorgehen ist mehr als dürftig. Man müsse der SRG-Halbierungsinitiative den Wind aus den Segeln nehmen. Wie bitte? Wenn man das Gefühl hat, einer Initiative etwas entgegenzusetzen, macht man in unserem Land einen direkten Gegenvorschlag, über den die Bevölkerung ebenso abstimmen kann. Zudem hat die Halbierungsinitiative nicht den Hauch einer Chance. Schon vergessen, die No-Billag-Initiative wurde mit 71 Prozent Nein wuchtig abgelehnt? Die Gebühren wurden seither bei den Privathaushalten um 25 Prozent gesenkt von 451 auf 335 Franken pro Jahr.
Kontrolle über die Medien heisst Macht über die Menschen
Die Unternehmen, von denen bereits heute 76 Prozent keine Gebühren zahlen, wurden bereits um 50 Millionen entlastet. Die Gebühreneinnahmen wurden plafoniert, und die SRG hat weit über 100 Millionen Franken eingespart, trotz grossen Investitionen. So gesehen hat die SRG der Initiative längst den Wind aus den Segeln genommen. Und das weiss Herr Rösti alles ganz genau. Denn er ist intelligent und gebildet. Er kommt aus dem ländlichen Raum, wo die Nutzung von und Bindung an unser Radio und Fernsehen besonders gross ist. Er tut das, weil seine Partei Druck ausübt. Diejenigen Kräfte der SVP, die schon seit vielen Jahren die öffentlichen Medien zerstören wollen, wie alle Rechtspopulisten auf der Welt. Weil sie sie weder kaufen noch kontrollieren können, weil sie unabhängig sind. Und Kontrolle über die Medien heisst Macht über die Menschen.
Steht doch endlich mal hin und gebt es zu. Stattdessen schwafeln die gleichen Leute von «Entlastung des Mittelstands» um 35 Franken pro Jahr (!), die keinen Handlungsbedarf sehen, wenn die Mieten pro Haushalt 370 Franken pro Monat (!) gegenüber den gesetzlichen Vorgaben zu hoch sind. Die gleichen Leute, die jegliche Sparvorschläge bei den Krankenkassenprämien abgelehnt haben. Wie verlogen kann es denn noch werden? Und sie kommen davon damit. Weil die Medien nicht Paroli bieten. Warum empören sie sich nicht über diese demokratiefeindliche und skandalöse Verordnungsvorlage? Ich werde den Verdacht nicht los, dass es den Medienschaffenden irgendwie um ein «You too» geht. Die kommerziellen Medienhäuser mussten in der Vergangenheit selbst viel zu viel Federn lassen: Redaktionszusammenlegungen, Einstellung von ganzen Titeln, eine Entlassungswelle nach der anderen. Vielleicht denken sie sich: «So, jetzt kommen die von SRF mal dran, die sollen auch müssen.»
Ein winziger Teil in mir hat dafür sogar Verständnis. Fakt aber bleibt, der Kuchen, der alle Medien finanziert, schrumpft. Mit dramatischen Folgen. Wir müssen alle gemeinsam dafür sorgen, dass er wieder grösser wird. Diese Vorlage tut das Gegenteil. Darum mein Appell an Sie, liebe Leserinnen und Leser. Nehmen Sie doch einmal (bis zum 1. Februar) an einer Vernehmlassung als Privatperson teil. Es ist die einzige Möglichkeit, wie Sie etwas gegen diesen Skandal tun können.
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