Wo die Halbierungsinitiative zurzeit steht

Die Halbierungsinitiative dreht seit einem halben Jahr in den Mühlen der Politik. Doch wo genau steht sie? In diesem Posting klären wir das.

Anfang Woche hat die zuständige Fernmeldekommission des Nationalrats einen neuen Vorschlag mit 13:11 Stimmen überwiesen. Es handelt sich um einen indirekten Gegenvorschlag zur Halbierungsinitiative. Die Stossrichtung:

❗️ Die Unternehmensabgabe soll bis 2035 schrittweise abgeschafft werden. Aktuell sind etwa 25 Prozent aller Firmen in der Schweiz abgabepflichtig (abhängig vom Umsatz). Die Unternehmensabgabe brachte im Jahr 2023 insgesamt 177 Mio. Franken ein.

❗️ Die Serafe-Gebühren für Privathaushaltungen soll stattdessen bei 335 Franken pro Jahr belassen werden. Der Bundesrat hat im Herbst 2023 mit einer Verordnung eine schrittweise Senkung von 335 auf 300 Franken beschlossen. Er will damit nach eigenen Angaben der Halbierungsinitiative, die eine Senkung auf 200 Franken fordert, «den Wind aus den Segeln nehmen». Die Kommissionsmehrheit bzw. später das Parlament müssten die Verordnung des Bundesrats übersteuern.

❗️ Die Änderungen sollen nur dann umgesetzt werden, wenn die Halbierungsinitiative zurückgezogen wird.

Über diesen Vorschlag (offiziell heisst er Kommissionsinitiative) muss nun auch die Schwesterkommission des Ständerats entscheiden. Sie wird dies Mitte April tun. Nur wenn sie ebenfalls zustimmt, kommt der Vorschlag ins Parlament.

Ein indirekter Gegenvorschlag wird auf Gesetzesstufe festgelegt. Eine Volksinitiative hingegen fordert stets die Anpassung der Bundesverfassung und muss deshalb zwingend vom Volk entschieden werden.

Aus Sicht der Allianz Pro Medienvielfalt, die in der Bewegung Courage Civil verankert ist, verzögert dieser neue Vorschlag den politischen Prozess und er strapaziert die Fristen. Sie fordert das Initiativkomitee auf, jetzt Farbe zu bekennen und auf eine Verzögerungstaktik zu verzichten. (mbb)

Widerstand gegen Halbierungsinitiative ist gebündelt

Noch bevor die Halbierungsinitiative lanciert ist, stellt sich ihr eine Trägerschaft entgegen und geht in die Offensive. Das Co-Präsidium der Allianz Pro Medienvielfalt besteht aus Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Das Mitwirken in dieser Allianz steht allen offen. Sie wird aufgebaut von der Bewegung Courage Civil, die sich 2018 während des Kampfes gegen die No-Billag-Initiative formiert hatte.


Schon seit Monaten drohen Exponenten der SVP mit der Halbierungsinitiative. Vier Jahre nach «No Billag» wäre das bereits der nächste Frontalangriff auf die Vielfalt. Statt weiter abzuwarten und dem Initiativkomitee das Feld zu überlassen, geht die neu gegründete Allianz Pro Medienvielfalt in die Offensive. Der Zuger Alt-Ständerat Joachim Eder (FDP) erklärt, weshalb: «Es ist wie beim Schachspiel: Wer eine überraschende Eröffnung macht, ist im Vorteil.» Er gehört zum Co-Präsidium der Allianz. Ziel ist es, diese stetig zu vergrössern und so den Widerstand gegen «No Billag 2» von Anfang an zu bündeln. «Wie die Initiative genau formuliert ist, spielt keine Rolle. Sie ist in jedem Fall ein Angriff auf die Medienvielfalt», erklärt Eder.

In der kleinräumigen und viersprachigen Schweiz lassen sich überzeugende Nachrichten- und Hintergrundformate nicht am Markt finanzieren, betont Eder. Dasselbe gelte für die Kulturberichterstattung und Eigenproduktionen wie zum Beispiel «Wilder», aber auch für grosse Live-Events wie die Lauberhornrennen, Schwingfeste oder die Olympischen Spiele.

Besonders wichtig seien die Angebote der SRG-Kanäle für die Berg- und Randgebiete, weil dort viele Lokalzeitungen verschwunden sind. Dieser Prozess beschleunigt sich nach dem Nein zum Medienpaket weiter. In diesen Regionen gehe es um die mediale Grundversorgung. Diese aufs Spiel zu setzen, sei fahrlässig.

Mark Balsiger, Geschäftsführer der Bewegung Courage Civil, ergänzt: «No Billag 2» hätte den Verlust vieler Sender und Programme zur Folge. «Das würde weniger Gemeinsinn und weniger Schweiz bedeuten.» Doch eine solide Demokratie sei auf Medienvielfalt und gut aufbereitete Information angewiesen. Der frühe Stellungsbezug sei ein Signal an die Menschen in diesem Land, damit sie sich der Allianz anschliessen. Es geht aber auch um die vielen Angestellten bei den Medienunternehmen. «Sie sollen wissen, dass sie unsere Unterstützung haben.»

Die Allianz Pro Medienvielfalt ist nur in der deutschen Schweiz aktiv. Sie setzt darauf, dass in den anderen Sprachregionen vergleichbare Projekte lanciert werden. Auf der Website pro-medienvielfalt.ch hat sie eine Grundsatzerklärung aufgeschaltet. Wer sie mitträgt, kann sie unterzeichnen und so Teil der Allianz werden.

Kontakt:

– Joachim Eder, Alt-Ständerat ZG/FDP, Co-Präsident der Allianz «Pro Medienvielfalt»
und Beirat der Bewegung Courage Civil
079 755 86 78

–  Mark Balsiger, Initiant und Geschäftsführer der Bewegung Courage Civil
079 696 97 02

–  Zentrale: mail@courage-civil.ch

–  Webauftritt Allianz Pro Medienvielfalt

Auf dem Medienplatz Bern muss etwas Neues wachsen

Seit Tamedia angekündigt hat, bei «Berner Zeitung» und «Bund» auch noch die Lokalredaktionen zu fusionieren, gärt es auf dem Medienplatz Bern. Die Bewegung Courage Civil, die sich während des Kampfs gegen die No-Billag-Initiative formiert hatte, befürchtet einen Einheitsbrei. Jetzt lotet sie das Bedürfnis nach einem neuen Online-Magazin aus. Einen Zusammenhang mit dem Projekt «Neue Berner Zeitung» des Kleinverlegers Norbert Bernhard gibt es nicht.

Seit rund drei Jahren verbreiten «Berner Zeitung» und «Bund» weitgehend identische Inhalte. Beide Tageszeitungen beziehen ihre Artikel aus demselben Pool, einzig in der lokalen und regionalen Berichterstattung liefern sie sich einen publizistischen Wettbewerb. Doch damit ist bald Schluss: Tamedia hat entschieden, eine Einheitsredaktion zu installieren. Damit ist das «Berner Modell», das der legendäre Verleger Charles von Graffenried 2003 lanciert hatte, tot. Es entsteht ein Monopol und der Medienkonzern kann in Bern nochmals Stellen abbauen. (Die «Medienwoche» fasst hier präzis zusammen, was Sache ist.)

Die Bewegung Courage Civil will keinen publizistischen Einheitsbrei im Grossraum Bern. Seit November letzten Jahres sondiert sie, welche Alternativen es gibt. Aus ihrer Sicht ist die Zeit reif, dass auf dem Medienplatz Bern etwas Neues wächst. Deshalb lanciert sie jetzt eine Umfrage, um das Bedürfnis der Bernerinnen und Berner nach einem neuen Online-Magazin zu eruieren.

Bei den Medienkonzernen lautet die grosse Frage seit Jahren: «Wie bringen wir die Leute möglichst lange auf unsere Online-Portale und dort zum Bezahlen?» Courage Civil hat gemäss Geschäftsführer Mark Balsiger einen anderen Ansatz: «Im Zentrum stehen nicht Klicks und hohe Renditen, sondern Journalismus. Wir fragen, was ein Online-Magazin bieten muss, damit die Menschen es wertschätzen und Member werden.»

Courage Civil, 2018 aus der Abstimmungs-Allianz gegen die No-Billag-Initiative herausgewachsen, geht laut Vorstandsmitglied Anaël Jambers pragmatisch vor. Wenn die Umfrage eindeutige Resultate liefere und parallel dazu die Interessen gebündelt werden, sollen weitere Schritte folgen. Unabhängiger Journalismus auf lokaler Ebene sei für das politische, gesellschaftliche und kulturelle Leben sehr wichtig, betont Jambers: «Lokale Medien schaffen Identität.» Sie verweist auf neue Online-Medien, die in anderen Ballungsräumen entstanden sind: «bajour» (Basel), «tsüri» (Zürich), «Kolt» (Olten), «Zentralplus» (Zentralschweiz) und «heidi.news» (Romandie). Ohne geografische Einschränkungen kämen die «Republik» und das Wissenschaftsmagazin «Higgs» hinzu.

«Das Bedürfnis nach unabhängigem Journalismus wächst auch im Lokalen», ist Balsiger überzeugt. Daran knüpfe man an, bleibe aber realistisch. Als gesichert gilt, dass es im Grossraum Bern Platz für nur ein neues Medienprojekt hat, sonst bleibt der Platzhirsch, also Tamedia, alleine. Die Bewegung Courage Civil versteht ihr Engagement nicht als Kritik an den Angestellten beider Zeitungen, die vor einer ungewissen Zukunft stehen.

Ende Januar kündigte der Schaffhauser Verleger und Heimweh-Berner Norbert Bernhard in der «Handelszeitung» an, an einem Projekt namens «Neue Berner Zeitung» zu arbeiten. Er will täglich eine Gratiszeitung mit der Auflage von 70’000 Exemplaren produzieren, wie er im «Klein Report» ausführte. Die Bewegung Courage Civil hält fest, dass es zwischen ihrer Umfrage und Bernhards Projekt keinen Zusammenhang gibt.

Die Umfrage für das neue Online-Magazin im Grossraum Bern ist hier verlinkt.