Ein gemeinsamer Ausweg aus der Medienkrise

Die meisten Medienhäuser weltweit stecken in der Krise. Die Erträge gehen zurück, die Redaktionen werden verkleinert, die Qualität sinkt. Für das Erbringen ihrer primären Dienstleistung – Journalismus – ist das ein Problem. Dabei gäbe es Lösungsansätze. Martin Oswald ist seit vielen Jahren Praktiker und Dozent. Er kennt die Medienlandschaft der Schweiz sehr gut und er kennt die Herausforderungen, die die Transformation mit sich bringen, aus eigener Erfahrung. Auf Twitter hat er konzis zusammengefasst, worum es geht. Mit seiner Erlaubnis geben wir hier seinen Text wieder.

«Guter Journalismus ist für eine funktionierende Demokratie systemrelevant und unverzichtbar.» So bringt es das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (fög) auf den Punkt.

Doch wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, wird Titel um Titel verschwinden, weil sich das Geschäft nicht mehr rechnet. Man spricht von einem Marktversagen, weil zwar alle Journalismus konsumieren, aber nur wenige dafür bezahlen wollen.

Früher war es die Werbung, die den Journalismus finanziert hat. Inzwischen fliessen jährlich 2 Milliarden Franken an Werbegelder direkt zu Google, Meta und Co. Also muss sich der Journalismus zunehmend über den Nutzermarkt finanzieren.

Während sich die ältere Generation gewohnt ist/war, für eine Tageszeitung ordentlich Geld zu bezahlen, ist die Zahlungsbereitschaft für Journalismus auf digitalen Kanälen mit ~20% tief. Die Erträge brechen weg.

Wenn der Markt versagt, aber das Gut schützenswert ist, braucht es Rahmenbedingungen, die den Journalismus in seiner Vielfalt und in seiner geografischen Breite und Tiefe langfristig ermöglicht.

Heute fressen die Kosten für Druck, Vertrieb, Strom, IT und Produktentwicklung jeden Gewinn wieder auf. «Die Medien jammern ständig», sagen Kritiker. Nun, wir versuchen eine Leistung für die Gesellschaft zu bewahren, die sich je länger je weniger finanzieren lässt.

Und was ist die Lösung?
1. Wir brauchen ein Mediengesetz, welches günstige Rahmenbedingungen schafft.
2. Wir brauchen eine stärkere Position gegenüber internationalen Tech-Konzernen. (Leistungsschutzrecht)
3. Wir brauchen als Branche gemeinsame technologische Lösungen.

Heute ist es so, dass jedes Medienhaus viel Zeit und Geld in die Produktentwicklung investiert. CMS, Paywall, Webshop, Aboverwaltung, E-Paper, Marketing-Automation, Analytics, usw. Gerade kleine Medienhäuser verschwenden hier unnötig Geld, um technologisch mithalten zu können.

Man stelle sich vor: Alle Medienhäuser bieten ihren Nutzerinnen und Nutzern die gleichen herausragenden Produkte und Services auf dem neusten Stand der Möglichkeiten an. Die Verlage konzentrieren sich derweil auf ihr Kerngeschäft: Qualitätsjournalismus.

Statt einen Wettbewerb der Technologie, hätten wir einen Wettbewerb der Inhalte. Über den Erfolg würden nur noch die Recherchen, das Storytelling, die Relevanz der Geschichten entscheiden. Gewinnen würden die Leserinnen und Leser.

Freiheit und Vielfalt – Gedanken zum Mediengesetz


VON STEFAN HAUPT*

Die chinesische Polizei geht in Hongkong wieder mit Razzien gegen kritische Medien vor. Weltweit sitzen fast 500 Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis, so viele wie noch nie. Weitere 65 gelten als entführt.

Besteht da ein Zusammenhang zum Mediengesetz, über das wir am 13. Februar abstimmen? Nein, natürlich nicht. Auf den zweiten Blick eben doch: Solche Nachrichten führen uns vor Augen, wie brisant und brandgefährlich Journalismus sein kann. Und was für ein kostbares Gut die Medienfreiheit ist! Ein Gut, das wir bei uns wohl entschieden zu wenig schätzen.

Medienfreiheit ist das eine, Medienvielfalt das andere. Diese Vielfalt nimmt bei uns inbeunruhigendem Ausmass ab. Die Medien stecken in einer Krise. Zeitungen fusionieren oder verschwinden, Stellen werden abgebaut, Medienkonzerne gewinnen an Macht. Die einst sprudelnden Werbeeinnahmen fliessen neu zu Google, Facebook und Co.

Die sozialen Medien gaukeln uns vor, News seien sowieso gratis. Nachrichten werden reisserischer, folgen zunehmend der simplen Logik, wie oft sie wohl angeklickt werden. Ohne es zu merken, werden wir Hörige der «Click rate».

Doch für eine funktionierende Demokratie sind verlässliche Medien von immenser Bedeutung. Hier kann das Mediengesetz ein Gegengewicht geben. Es ist nicht perfekt, sondern ein typisch schweizerischer Kompromiss. Doch es anerkennt, wie wichtig eine vielfältige Medienlandschaft ist, fundierter, unabhängiger Journalismus, kleine, regionale Verlage (die überproportional profitieren) genauso wie neue, innovative Online-Portale, die nicht nur effekthascherisch mit Kürzestnews Klicks generieren wollen.

Mit einem offenen Blick wird rasch klar, dass die positiven Anteile des Gesetzes bei weitem überwiegen.

* Stefan Haupt ist Filmregisseur und seit Anfang Beirat der Bewegung Courage Civil. Seine Kolumne ist zuerst im «Tagblatt der Stadt Zürich» erschienen.

Wer jetzt spendet, finanziert Inserate in Lokal- und Regionalzeitungen

Bei der Abstimmung über das Mediengesetz vom 13. Februar geht es auch darum, kleine unabhängige Medienhäuser zu stärken. Sie geben Zeitungen heraus wie beispielsweise das «Bieler Tagblatt», die «Neue Fricktaler Zeitung», den «Rheintaler», die «Engadiner Post», den «Corriere del Ticino», den «Walliser Boten», die «Freiburger Nachrichten» oder das «Journal Du Jura». Genau diese Medien liefern die mediale Grundversorgung in der Schweiz, unspektakulär und nahe bei den Menschen.

Mit den Spenden, die in den nächsten Tagen bei uns eingehen, wollen wir Inserate (und Online-Banner) in just diesen Zeitungen umsetzen. Zwei Beispiele, wie diese Inserate aussehen – einmal für das Wallis ( im «Walliser Boten»), einmal für das Berner Oberland (im «Anzeiger von Saanen»).

Unsere IBAN für Ihre Spende: IBAN: CH19 0900 0000 1517 3797 1

Wer sich noch eine Meinung zum Mediengesetz bilden möchte, hier führen wir die wichtigsten Punkte auf, ergänzt mit weiterführenden Links.

Mediengesetz stärkt Presserat sowie die Aus- und Weiterbildung im Journalismus

Je lauter eine Abstimmungskampagne wird, desto wichtiger ist es, klar und faktenbasiert zu argumentieren. Aus diesem Grund schaltet sich die Bewegung Courage Civil beim Mediengesetz ein, setzt einen Kontrapunkt zu den Schlagworten und fokussiert in ihrer Kampagne auf weitere Pluspunkte, die für ein Ja sprechen.

Die Bewegung Courage Civil, die vor vier Jahren aus dem Kampf gegen «No Billag» entstand, positioniert sich zum Mediengesetz. Mit ihrer eigenständigen Kampagne fokussiert sie auf Aspekte, die bislang kaum diskutiert wurden: die Stärkung der Aus- und Weiterbildung im Nachrichtenjournalismus und die Stärkung des Presserats. «Diese Massnahmen sind wirkungsvoll und wichtig, die Kosten mit maximal 28 Millionen Franken pro Jahr bescheiden», sagt Vorstandsmitglied Anaël Jambers.

Aus der Sicht von Courage Civil ist es richtig, dass Vereine und Stiftungen ihre Magazine künftig zu reduzierten Posttaxen verschicken können. Davon profitieren mehrere hundert Organisationen, von der Rega bis zum WWF. «Sie alle leisten einen Beitrag zum Kitt unserer Gesellschaft», argumentiert Jambers.

Dass im Sog der «Republik» neue Online-Medien entstehen wie zum Beispiel die «Hauptstadt» in Bern, ist positiv und stärkt die Medienvielfalt. Die Anschubfinanzierung ist mit höchstens 30 Millionen Franken pro Jahr moderat. Die Höhe der Förderung ist direkt gekoppelt an die Einnahmen eines jeden Projekts (Abo, Spenden, Unterstützungsbeiträge von Dritten). Zum Vergleich: Die Bauern erhalten seit einer halben Ewigkeit jährlich 2,8 Milliarden Franken, früher waren es 3,5 bis 4 Milliarden – niemand spricht deswegen von Staatsbauern.

Die direkte Unterstützung der neuen Online-Medien ist auf sieben Jahre limitiert.

Am 13. Februar geht es um die mediale Grundversorgung

Das Mediengesetz umfasst neun verschiedene Teile. Aus der Sicht von Courage Civil sind nicht alle befriedigend, in der Summe überwiegen die soliden Teile aber klar. Ein Ja gibt den Lokal- und Regionalzeitungen sieben Jahre lang Zeit, ihre Geschäftsmodelle anzupassen. Die neuen Online-Medien haben wiederum die Chance, sich in dieser Zeitspanne zu etablieren.

Bei der Abstimmung am 13. Februar geht es auch darum, kleine unabhängige Medienhäuser zu stärken, die Zeitungen herausgeben wie das «Bieler Tagblatt», die «Neue Fricktaler Zeitung», den «Rheintaler», die «Engadiner Post», den «Corriere del Ticino», den «Walliser Boten», die «Freiburger Nachrichten» oder das «Journal Du Jura». Genau diese Medien liefern die mediale Grundversorgung in der Schweiz, unspektakulär und nahe bei den Menschen.

Die Bewegung Courage Civil fährt ihre Kampagne online und offline. Diese wird finanziert durch Spenden und Mitgliederbeiträge.

Mehr Hintergrund zum Mediengesetz gibt es auf dieser Unterseite.