Seit Ende letzter Woche wird in der Medienszene der deutschen Schweiz der Fall des freien Journalisten Reto Hunziker diskutiert. Er führte mit dem Astrophysiker und Philosophen Harald Lesch ein Interview, das in der NZZ hätte erscheinen sollen. Die Redaktion machte dann allerdings einen Rückzieher, worauf Hunzikers Odyssee begann, die er in der «Medienwoche» erzählt. Schliesslich fand das Interview doch noch einen Abnehmer: den Verbund der Tamedia-Zeitungen, die es am 2. Februar 2019 publizierten – honorarfrei.
Dieser Fall macht uns betroffen. Freie Journalistinnen und Journalisten leisten trotz tiefen Honoraren gute Arbeit, sie bewirtschaften Themen, die viele Redaktionen nicht abdecken, und sie sorgen mit ihren Stoffen für mehr Farbe bei bekannten Publikationen. Sie arbeiten mit Leidenschaft, weil sie Journalismus als Profession verstehen.
Wir kennen Reto Hunziker nicht persönlich, aber wir haben im Vorstand unserer Bewegung entschieden, selber aktiv zu werden: Ein faires Honorar für dieses Interview wäre gemäss Branchenkennern approx. 1200 Franken. Wir haben ihm heute 400 Franken überwiesen. Den CEO von NZZ und Tamedia machten wir schriftlich den Vorschlag, dieselbe Summe zu überweisen. Diese Briefe gingen am Sonntag per A-Post bei uns raus.
Es geht um eine symbolische Geste, die zugleich signalisieren soll, dass die Medienhäuser den freien Journalistinnen und Journalisten mehr Wertschätzung entgegenbringen. Wir wissen um die einbrechenden Werbeerlöse der Medienbranche. Wir wissen aber auch, dass Tamedia 2017 einen Gewinn von 170 Millionen erwirtschaftet hat, bei der NZZ waren es 28,7 Millionen Franken.
Die Bewegung Courage Civil setzt sich ein für Grundwerte, Rechtssicherheit, eine international gut vernetzte Schweiz und unabhängige Medien.
Der Brief, der an Tamedia und mit einem identischen Wortlaut auch an die NZZ ging:
brief tamedia finale version 20190302 (PDF)
Update vom 30. März:
Die Chefredaktion des «Tages-Anzeiger» hat sich schon nach wenigen Tagen schriftlich bei uns gemeldet. Das Chefredaktions-Gespann Judith Wittwer und Arthur Rutishauser versprach, je 100 Franken an die Freien Berufsjournalistinnen und -Journalisten zu überweisen. Dafür danken wir herzlich. Von der NZZ ist bislang keine Antwort eingegangen.