Dieser Abbau gibt einen ersten Vorgeschmack

Medienhäuser mögen es, wenn ihre Angestellten die eigenen Inhalte auf Social Media verbreiten. Einige unten ihnen vergrössern so ihren Bekanntheitsgrad und werden womöglich selber zu Marken.

Wenn Medienschaffende auf Social-Media-Kanälen oder sogar in journalistischen Gefässen ihren Arbeitgeber kritisieren, sind Vorgesetzte und Hausjuristen not amused – und sie reagieren schnell. Das haben wir am letzten Freitag beim «Wissenschaftsmagazin» von Radio SRF2, das aus Spargründen eingestellt wird, beobachtet. Die Kommentare mussten gelöscht werden.

Andernorts wurde vorgebracht, dass das Verhalten von betroffenen Journalistinnen und Journalisten bei SRF illoyal sei. Keine Widerrede. Doch der Versuch, die Diskussion mit einem «Löschbefehl» zu ersticken, ist nicht souverän. Und er ist gescheitert. Gerade deswegen zündeln die Flammen weiter, und das ist letztlich eine Chance für das öffentliche Medienhaus.

Das Aus für das «Wissenschaftsmagazin» und die Wirtschaftssendung «Trend» von Radio SRF, aber auch das Ende des TV-Unterhaltungsformats «G&G – Gesichter und Geschichten» schreckt auf. Und es gibt einen kleinen Vorgeschmack auf das, was noch folgt: Die SRG muss 270 Millionen Franken sparen. Das ist eine gigantische Summe, die einen grossen Abbau an Programm und Personal mit sich bringen wird.

Würde man den Bereich Sport komplett weglassen, wäre das Budget deswegen noch längst nicht im Lot. Man müsste noch approx. die Hälfe der Kultur streichen. Doch kaum jemand in diesem Land hat diese Dimension erkannt. In einem grösseren Kontext: Desinformation und Fake-News sind reale Gefahren, denen man mit Journalismus entgegenhalten muss. Journalismus kostet Geld. Die privaten Medien wiederum stecken in der grössten Finanzierungskrise ihres Daseins, weil das Werbegeld an die Tech-Giganten abfliesst – und was macht der Bundesrat?

Er reduziert die Medienabgabe von 335 auf 300 Franken pro Jahr. Seine Begründung: Man wolle damit die privaten Haushaltungen entlasten. Die «Entlastung» beträgt drei Franken pro Monat. Jede Haushaltung gibt pro Jahr im Durchschnitt übrigens knapp 3200 Franken für Medienkonsum aus (von Spotify bis Zeitungsabo).

Spätestens jetzt sollten wir reagieren: Dieser Abbau ist fundamental. Reden wir darüber – mit Frau Müller im Block und Onkel Alain und vielen anderen in unserem Land, sonst gibt’s dann plötzlich keine Hintergrundsendung «International», keine Filmförderung und keinen «Donnschtig-Jass» mehr. Und der Sport ist hinter der Bezahlschranke verschwunden.

P.S.
Das «Wissenschaftsmagazin» von Radio SRF2 hat sein Aus in der aktuellen Sendung selber thematisiert. Hier zum Nachhören. Bei «Persönlich», dem Portal der Kommunikationsbranche, würdigt den Mut er Redaktion und ihre Arbeit generell.

Über die Förderung des Filmschaffens

Von Anita Panzer*

Die 60. Solothurner Filmtage stehen vor der Tür. Das Jubiläum wird mit einer grossen Retrospektive über die Jura-Landschaft gefeiert. Das Sonderprogramm mit dem Titel «Imaginaires du Jura/Jurabilder» zeigt über 30 Filme aus elf Jahrzehnten, die alle im Jurabogen gedreht wurden. In Zusammenarbeit mit den Filmtagen eröffnet kurz vorher eine Ausstellung im Kunstmuseum Solothurn. Diese weitet den Blick vom Medium Film zur bildenden Kunst und verbindet beide.

«Wir sind uns in Solothurn bewusst, dass wir am Rand einer wunderbaren Filmkulisse leben. Diese Retrospektive zeigt, wie eine Region wie der Jura und ihre Kultur vom Film als identitätsstiftende und verbindende Kunst profitiert haben», sagt Niccolò Castelli, der künstlerische Leiter der Solothurner Filmtage.

Die Solothurner Filmtage sind eines der wichtigsten Filmfestivals unseres Landes und dienen nicht nur der Darbietung von Schweizer Filmen, sondern auch als Plattform für den Austausch und die Diskussion. Das Festival ist auf staatliche Filmförderung angewiesen, auf die Partnerschaft mit der SRG sowie auf Sponsoren- und Stiftungsgelder. Die Filmförderung zielt darauf ab, die Vielfalt der Schweizer Filme von Schweizer Künstlerinnen und Technikern, welche Geschichten mit Bezug zu unserem Alltag erzählen, zu stärken.

Gerade die SRG spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung und Verbreitung von Schweizer Filmen. Sie ist die grösste Produzentin unseres Landes und unterstützt Schweizer Filme und Serien mit 34 Millionen Franken pro Jahr. Eine Reduktion der SRG-Mittel aufgrund der Halbierungsinitiative würde daher nicht nur die Medienlandschaft im Allgemeinen, sondern auch die Filmproduktion im Speziellen schwächen. Sichtbarkeit und Produktion des Schweizer Films würden abnehmen und die ersten, die darunter leiden würden, wären Filme, die Randregionen (wie den Jura) zeigen.

Auch die indirekten Filmfördermittel würden gefährdet. Dies betrifft nicht nur die SRG selbst, sondern auch die staatlichen und kantonalen Förderungen, da die öffentliche Hand die finanziellen Mittel zur Förderung des Films auch aus Rundfunkgebühren und vergleichbaren Quellen schöpft. Einsparungen würden auch hier insbesondere kleinere Produktionen treffen, was die Vielfalt gefährden und zu einer Verarmung der Schweizer Kultur führen würde.

Dank der «Lex Netflix» müssen Streaming-Anbieter, die in der Schweiz tätig sind, in die Produktion und Förderung von lokalen Inhalten investieren, etwa durch Abgaben an die Filmförderung oder durch die Produktion von Schweizer Inhalten.

Ohne ausreichende Mittel durch die SRG und andere inländische Quellen könnte allerdings eine stärkere Abhängigkeit von internationalen Streaming-Anbietern entstehen, um den Schweizer Film zu fördern und zu erhalten. Dies stellt eine Gefahr dar für die Autonomie des Schweizer Films, da Netflix & Co. in erster Linie wirtschaftliche Ziele verfolgen.

Die Förderung des Schweizer Films muss weiterhin auf eine diverse und unabhängige Finanzierung setzen. So stellt sie sicher, dass lokale Produzentinnen und Filmemacher die Freiheit haben, Werke zu erschaffen, die die kulturelle Vielfalt und die Identität der Schweiz widerspiegeln.

*Anita Panzer ist Vizepräsidentin der Solothurner Filmtage und Beirätin bei Courage Civil

 

Was die Bilateralen III beinhalten

Nach intensiven Verhandlungen haben die Schweiz und die Europäische Union eine Einigung erzielt. Das neue Abkommen, häufig als Bilaterale III bezeichnet, stärkt die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen beiden Partnern.

Die wchtigen Inhalte des Abkommens reissen wir hier kurz an:

Erweiterter Marktzugang: Die Schweiz erhält besseren Zugang zum EU-Binnenmarkt, insbesondere im Handel und in der Energieversorgung.

Neue Abkommen: Es gibt drei neue Vereinbarungen, und zwar in den Bereichen Elektrizität, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit. Sie fördern die Zusammenarbeit und bauen Handelsbarrieren ab.

Rechtsangleichung: Die Schweiz übernimmt künftig in definierten Bereichen relevante EU-Gesetzgebungen, um eine einheitliche Rechtsanwendung und eine engere Zusammenarbeit mit der EU zu gewährleisten. Damit wird die rechtliche Basis gestärkt.

Für die Klärung von Differenzen zwischen der Schweiz und der EU wurde ein Streitbeilegungsmechanismus eingeführt. Dieser sieht ein paritätisches Schiedsgericht vor, das bei Konflikten vermittelt. Sollte es notwendig sein, kann das Schiedsgericht den Europäischen Gerichtshof konsultieren, um eine verbindliche Entscheidung sicherzustellen. Diese Entscheidungen können auch zu Gunsten der Schweiz ausfallen.

Finanzielle Beiträge: Die Schweiz leistet ab 2030 jährliche Zahlungen zur Unterstützung der Zusammenarbeit und des Marktzugangs.

Ziele und Bedeutung: Das Abkommen sichert die bilateralen Beziehungen langfristig und stärkt die Position der Schweiz in einer zunehmend vernetzten Welt. Es trägt dazu bei, den Zugang zu wichtigen Märkten zu sichern und die rechtliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu harmonisieren.

Nächste Schritte: Das Abkommen muss vom Schweizer Parlament genehmigt werden und wird voraussichtlich dem Volk zur Abstimmung vorgelegt. Die vollständige Umsetzung ist für 2028/2029 geplant.

Dieses gestern, am 20. Dezember 2024, verkündete Abkommen markiert einen Meilenstein in der Geschichte der bilateralen Beziehungen und setzt den Weg der partnerschaftlichen Zusammenarbeit fort.

Was ist uns Journalismus wert?

Ende Sommer wurde der grösste Stellenabbau in der Schweizer Mediengeschichte publik. Seit eineinhalb Jahren läuft die Diskussion, ob die Serafe-Gebühren 335 Franken, 300 Franken oder 200 Franken betragen soll. Sie dreht sich fast ausschliesslich um Preisschilder, die Halbierungsinitiative wirft einen dunklen Schatten voraus. Dabei bräuchte es endlich eine Debatte über den medialen Service public und die Finanzierung der Medien. Eine der zentralen Fragen lautet: Was ist uns Journalismus in der viersprachigen Schweiz wert?

Für eine echte Debatte braucht es eine Basis. Zehn Fakten:

1.  Die privaten Medien in der Schweiz haben ein massives Finanzierungsproblem. Inzwischen fliessen jedes Jahr 2 Milliarden Franken an Werbegeldern zu Tech-Plattformen wie Google, Facebook und Instagram. Diese 2 Milliarden fehlen den Medien, mit teureren Abos sind sie nicht annährend zu kompensieren. Die Konsequenzen: Stellenabbau, Ausdünnung des Angebots, Verflachung, Kannibalisierung.

2.  In den letzten 20 Jahren sind in der Schweiz rund 70 Medientitel verschwunden. Das führte zu einer Verarmung, unterschiedliche Gesichtspunkte fehlen. Natürlich gab es in derselben Zeitspanne auch Neugründungen, doch von ihnen schafften bislang kein halbes Dutzend den «Break Even», also eine ausgeglichene Rechnung. Die Erkenntnis: Journalismus ist kein Geschäftsmodell mehr. Keine Unternehmerin, die bei Trost ist, reitet ein totes Pferd.

3.  Ein Privathaushalt gibt laut Bundesamt für Statistik im Durchschnitt jährlich 3168 Franken aus für den Medienkonsum. Darunter fallen Zeitungen, Bücher und Streaming-Dienste wie Spotify, usw. Die Medienabgabe beträgt zurzeit 335 Franken. Mit anderen Worten: Die Serafe-Gebühren machen nicht einmal 10 Prozent der Gesamtausgaben für Medien aus.

4.  Seit nunmehr 20 Jahren wächst das Online-Angebot stetig. Es wächst, weil die Leute immer mehr und länger im Netz unterwegs sind. Die klassischen Medienvektoren Print, Radio und lineares Fernsehen verlieren stetig an Reichweite. Die Transformation ist in vollem Gang. So muss man die Hintergrundsendung «Echo der Zeit» von Radio SRF heute nicht mehr um 18 Uhr einschalten. Wir können sie zu einem beliebigen Zeitpunkt oder via Podcast hören. Die BBC, die von Grossbritannien aus weltweit Standards setzt, baut sich so um, dass ab 2030 die allermeisten Angebote nicht mehr linear, sondern nur noch auf Abruf (on demand) ausgespielt werden.

5.  Seit Jahren behaupten Nationalräte wie Gregor Rutz, die SRG lasse den privaten Medien online zu wenig Raum, um sich zu entfalten. Eine Studie des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich hat diese Hypothese nun empirisch geprüft. Die Befragung von 2000 Personen in der deutschen und französischsprachigen Schweiz kommt zum Schluss, dass nur gerade 4 Prozent sich ausschliesslich über SRG-Plattformen informieren. Die Verdrängungsthese ist also widerlegt.

6.  In der Schweiz sind 17 Prozent der Bevölkerung bereit, für Online-Angebote zu bezahlen. Dieser Wert lag früher tiefer, stagniert aber seit ein paar Jahren. Ein zweiter Befund der fög-Studie: Die Nutzung von SRG-Plattformen beeinflusst die Zahlungsbereitschaft für private Online-Angebote nicht und sie führt nicht zu einer geringeren Beachtung von Abonnement-, Pendler- und Boulevardmedien.

7.  Der SRG sind Grenzen gesetzt: Im Netz dürfen Beiträge ohne Bezug zu Radio- oder Fernsehsendungen nicht länger als 1000 Zeichen sein. Das entspricht zwei kurzen Textabschnitten. Finanziell existiert seit der Ära von Medienministerin Doris Leuthard ein Gebührendeckel. Die Mehreinnahmen, die es dank dem steten Wachstum von Privathaushaltungen gibt, fliessen nicht zur SRG. (Die Medienabgabe betrug übrigens 2017 noch 450 Franken pro Jahr. Seither ist sie um 25 Prozent gesunken.)

8.  In der kleinräumigen Schweiz rechnen sich von wenigen Ausnahmen abgesehen Kultur- und Unterhaltungssendungen sowie Live-Sport nicht. Private Medien produzieren, was sich rechnet, sonst könnten sie nicht bestehen. (Die grosse Ausnahme ist die Eishockey-Meisterschaft. Sie wird vom Pay-TV-Sender MySports, der Sunrise gehört, abgedeckt. Die Kosten für die Übertragungsrechte kann er allerdings bei Weitem nicht wieder einspielen.) Serien wie «Der Bachelor», «Die Bachelorette» und «Bauer ledig sucht», die vom Privatsender 3 Plus produziert werden, lassen sich am Markt finanzieren.

9.  Die Medienkrise zeigt sich ausgeprägt im Lokalen. Wieso? In den Bereichen Ausland, Inland, Wirtschaft und Sport konnten Redaktionen zusammengelegt und so Kosten gespart werden. Lokaljournalismus lässt sich nicht zusammenlegen. Je weniger über Lokales berichtet wird, desto mehr schwindet die Verwurzelung der Menschen mit ihrer Region.

10.  Auch in der Schweiz hat der Clickbait-Journalismus Einzug gehalten (to bait = ködern). Oberstes Ziel ist es, die Leute möglichst lange mit knalligen Storys auf einem eigenen Online-Portal zu halten. Es geht um Klicks, Reichweite, Werbung und Angebote hinter der Bezahlschranke.

Danke fürs Teilen. Danach kann die Debatte beginnen – Fakten statt Lärm. Dieser Beitrag ist auch auf der Website der Allianz Pro Medienvielfalt verfügbar.

TX Group: Weniger Journalismus, noch mehr Gewinn

Die TX Group ist das grösste private Medienunternehmen in der Schweiz. Sie verantwortet (mit Tamedia) u.a. Zeitungen und Online-Portale wie den «Tages-Anzeiger», den «Bund» oder die «Zürichsee-Zeitung». Ihr Management fackelt nicht lange, wie wir heute einmal mehr feststellen konnten. Es baut den Konzern radikal um und es baut zum x-ten Mal ab. Insgesamt werden 290 Stellen gestrichen, 90 davon auf den Redaktionen.

Tatsache ist: Die TX Group ist finanziell kerngesund, die Gewinnmarge liegt aktuell bei 12 Prozent. In vielen anderen Branchen würde man sich nicht einmal getrauen, von solchen Margen zu träumen. Damit nicht genug: Seit dem Börsengang im Jahr 2000 hat der Zürcher Medienkonzern insgesamt mehr als 1000 Millionen Franken an Dividenden ausgeschüttet, also etwa 45 Millonen pro Jahr. Nur mit einem kleinen Teil davon hätte man den Bereich Journalismus stützen, ja stärken können.

Doch das Ziel der Konzernspitze ist ein anderes: Sie will die Gewinnmarge weiter erhöhen. Ein langer Text an die «lieben Leserinnen und Leser» strotzt vor Worthülsen und Marketing Sprech. Er will uns glauben machen, dieser Umbau sei «eine Weichenstellung für unabhängigen Journalismus».

Mit Ehrlichkeit hätte die TX Group einen Rest an Glaubwürdigkeit verteidigen können. Es handelt sich um die grösste Entlassung in der Schweizer Mediengeschichte. Die Manager könnten offen dazu stehen, dass die TX Group so bald als möglich zu einem reinen Tech-Konzern werden und noch mehr Gewinn machen will. Journalismus ist teuer, gerade im Lokalen und Regionalen, weil er dort nicht skalierbar ist. Deshalb werden die Redaktionen noch weiter heruntergespart.

Die TX Group hat eine Sonderstellung. Die anderen privaten Medien stecken in einer tiefen Finanzkrise, weil die Werbegelder in grossem Stil zu Tech-Plattformen wie Google und Facebook abfliessen. (Inzwischen jeder zweite Werbefranken). Just in dieser Phase hat der Bundesrat entschieden, der SRG das Budget auf dem Verordnungsweg zu kürzen. Polemisch verkürzt: Wenn es den privaten Medien schlecht geht, soll auch die SRG leiden. Das ist hirnrissig.

Doch damit nicht genug: Im Herbst beginnt in den Parlamentskommissionen die Beratung der Halbierungsinitiative, die noch viel mehr Substanz zerstören würde. Deshalb haben wir vor zweieinhalb Jahren die Allianz Pro Medienvielfalt lanciert und halten dagegen. Es handelt sich um das grösste Projekt von Courage Civil, rund 3000 Einzelpersonen haben sich bereits eingetragen. Das ist erst der Start. Sie muss kräftig weiterwachsen – bitte helfen Sie mit!

25 Jahre-Jubiläum der «Bilateralen»

Heute vor 25 Jahren legte die Schweiz den Grundstein zu den bilateralen Verträgen mit der Europäischen Union. Seither hat sie das Stimmvolk elf Mal an der Urne bestätigt. Auch wenn es immer mal wieder negiert wird: Die Schweiz liegt mitten in Europa und ist wirtschaftlich und kulturell eng mit der EU verflochen. An der 25-Jahre-Jubiläumsfeier im Haus der Kantone betonte der neue Staatssekretär des EDA, Alexandre Fasel, man solle im Europadossier nicht primär die einzelnen Bäume beurteilen, sondern den Wald als Ganzes.

Die Bewegung Courage Civil ist Teil der Plattform «stark + vernetzt» und engagiert sich für eine offene Schweiz. Mehr in unserem Dossier «Bilaterale».

Ständeratskommission: Zuerst Konzession der SRG revidieren, dann Höhe der Medienabgabe festlegen

Erfreulich: Auch die zuständige Kommission des Ständerats will nichts von einer Senkung der Medienabgabe von 335 auf 300 Franken wissen. Diese auf dem Verordnungsweg durchzuboxen, wäre rechtlich nicht zulässig und inhaltlich falsch. Zuerst muss die Politik definieren, was die SRG bzw. der mediale Service public zu leisten hat. Die ständerätliche Fernmeldekommission hielt gestern einstimmig fest, dass «der Bundesrat zuerst eine Revision der SRG-Konzession unterbreiten soll und erst im Anschluss die Höhe der Radio- und Fernsehabgabe bestimmen soll.» Sie ist im Weiteren der Ansicht, dass mit der geplanten Verordnungsänderung der Handlungsspielraum des Parlaments in Bezug auf die Beratung der Volksinitiative «200 Franken sind genug!» eingeschränkt würde.

Weil die Werbegelder inzwischen im grossen Stil zu den Tech-Giganten in den USA abfliessen, rutschten die privaten Medien in eine Finanzierungskrise. Angesichts dieser Tatsache halten es Courage Civil und die Allianz Pro Medienvielfalt für verfehlt, der SRG noch mehr Mittel zu entziehen. Im Zeitalter von Desinformation und Fake-News wäre ein weiterer Abbau unverantwortlich.

Zur Erinnerung: Am 26. März hatte die zuständige Kommission des Nationalrats (KVF-N) die geplante Senkung der Medienabgabe ohne Gegenstimme abgelehnt. Schon in der Vernehmlassung zu dieser Verordnung zeigte sich, dass die geplante Gebührensenkung schlecht ankommt. Von weit über 400 Stellungnahmen sprach sich eine klare Mehrheit dagegen aus, darunter viele Kantone.

Die Allianz Pro Medienvielfalt ist ein Projekt von Courage Civil. Sie wurde Anfang 2022 gegründet und ist das Bollwerk gegen die Halbierungsinitiative. Zu ihr zählen aktuell 3000 Einzelpersonen, 11 Organisationen und ein prominentes Co-Präsidium; sie wächst stetig.

Auf zur Mitgliederversammlung am 13. April in Bern!

Bewegung Courage Civil:
Einladung zur Mitgliederversammlung vom Samstag, 13. April 2023

Dauer: 13.00 bis ca. 15.30 Uhr

Anmelden: bis Dienstag, 9. April an:
mail@courage-civil.ch (Abmeldungen sind nicht nötig!)
Die Platzzahl ist beschränkt.

Wo:
Bern, Polit-Forum, Marktgasse 67, ab Bahnhof Bern: 5 Minuten Fussmarsch

Die MV besteht aus vier Teilen:
– dem statutarischen Teil. Ziel: in 30 Minuten abgehandelt;
– dem Fokusthema: Biodiversität;
– wo unser Projekt «Allianz Pro Medienvielfalt» steht;
– einem Apéro light.

Ab 13 Uhr: Eintrudeln, Kafi trinken

1.
13.30 Uhr: Begrüssung

2.
Anwesenheit stimmberechtigter Vereinsmitglieder, Bereinigung der Traktanden (Mitglieder haben die Gelegenheit, Anträge bis am 2. April einzureichen.)

3.
Genehmigung des Protokolls der Mitgliederversammlung 2023
(Mitglieder erhalten direkt den Link dazu!)

4.
Jahresbericht schriftlich.

5.
Bilanz und Erfolgsrechnung 2023

6.
Beschlüsse:
– Genehmigung Jahresbericht 2023
– Genehmigung Bilanz und Erfolgsrechnung 2023
– Genehmigung externer Revisionsbericht
– Budget 2024: wird an den Vorstand delegiert

7.
Wahlen

8.
Statutenänderung: Antrag des Vorstands

Unter Artikel 17 wird ein zusätzlicher Punkt aufgeführt, nämlich:

Der Vorstand ist namentlich zuständig für
– das Ergreifen von Massnahmen, die zum Erreichen des Vereinszwecks notwendig sind, eingeschlossen die Schaffung von Projektgruppen nach Massgabe eines entsprechenden Reglements.

9.
14.05 Uhr: Fokus Biodiversität

– Referat(e), Knowhow-Transfer
– Fragen, Diskussion

10.
Abstimmung: Biodiversitätsinitiative unterstützen?
(Die Volksabstimmung findet am 22. September 2024 statt)
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11.
15.05 Uhr: Kurzinfo zur Allianz Pro Medienvielfalt

12.
15.15 Uhr: Varia

Danach: Apéro light mit Käse, Wein & Trallala

Die Mitglieder von Courage Civil haben vor Ostern alle Unterlagen für die Mitgliederversammlung 2024 erhalten.

Bilaterale III: Die Zeit ist reif für Verhandlungen

Die Allianz stark+vernetzt ist überzeugt, dass mit dem Paket für die Bilateralen III der bewährte bilaterale Weg gestärkt werden kann. Nach Abschluss der Konsultationen zum Entwurf des Verhandlungsmandats ist es nun von grosser Bedeutung, dass der Bundesrat zügig Verhandlungen aufnimmt. Die Bewegung Courage Civil ist Teil der Allianz stark+vernetzt; mehr als 50 Organisationen unterstützen den eingeschlagenen Weg, die meisten davon scheinen oben mit ihren Logos auf.

Der bilaterale Weg der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) hat sich bewährt. Die EU ist nicht nur unsere wichtigste Handelspartnerin, es verbinden uns auch die zahlreichen gemeinsamen kulturellen, sozialen und politischen Werte. Gerade auch aufgrund des guten Zugangs zum EU-Binnenmarkt und der erfolgreichen bilateralen Beziehungen geniesst die Schweiz heute wirtschaftlichen Wohlstand. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass dieser erfolgreiche, bilaterale Weg als Erfolgsmodell weiterhin erhalten bleibt.

Die Allianz stark+vernetzt ist überzeugt, dass die Bilateralen III die richtige Herangehensweise darstellen. Sie markieren einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigen Sicherung dieses bewährten Wegs und sorgen für geregelte bilaterale Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union. Nach Abschluss der Konsultationen zum Entwurf des Verhandlungsmandats ist es nun von grosser Bedeutung, dass der Bundesrat rasch das Verhandlungsmandat verabschiedet und Verhandlungen mit der EU aufgenommen werden. Die Basis wurde mit dem «Common Understanding» gelegt. Dieses bildet ein gutes Fundament, um in die Verhandlungen zu starten. Wir sind überzeugt, dass der Bundesrat hart verhandeln und bei den noch zu klärenden Punkten ein gutes Ergebnis präsentieren wird. Die Allianz stark+vernetzt unterstützt daher den eingeschlagenen Weg.

Badran über verlogene Sparvorschläge

Die Zürcher Nationalrätin Jacqueline Badran ist eine scharfsinnige Kritikerin. In der «SonntagsZeitung» publiziert sie seit Längerem die Kolumne #Korrigendum. Heute befasst sie sich mit der Halbierungsinitiative und mit Medienminister Albert Rösti. Wir liefern ihre Kolumne weiter unten eins zu eins und hier über diesen Link.

In medialen Jahresrückblicken wurde Bundesrat Rösti gelobt. Sein Vorgehen zeige, dass «er Bundesrat kann». Als Beispiele hielten her: die Wolfsabschüsse per Verordnung (hat ein rechtliches Chaos verursacht), der Mantelerlass Energie (vollständig von Vorgängerin Sommaruga aufgegleist), die Milliarden für neue Autobahnen (er sollte sich einmal von einem Sanitär erklären lassen, dass nicht mehr Wasser aus dem Hahnen kommt, wenn man die Durchmesser der Wasserleitungen ans Haus vergrössert, aber nicht der Leitungen im Haus; sprich: Dann stauen sich eben die Autos dreispurig vor den Städten).

Wieso dieses rein partei- und nicht sachpolitisch begründete Vorgehen positiv zu würdigen ist, lässt sich nicht nachvollziehen. Zumal seine grösste Barbarei meist unerwähnt bleibt: die Gebührenkürzungen der SRG. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Da wird per Verordnung – also ohne dass die Menschen etwas dazu zu sagen hätten – dem einzigen Medienhaus, das den Menschen im Land gehört, 170 Millionen Franken gestrichen. Die Folge: direkter Abbau von 900 Stellen und nochmals so viel bei Lieferanten. Nachdem man über Jahre argumentiert hatte, man müsse zuerst über den Leistungsauftrag reden, dann erst über das Geld, wird frisch fröhlich zuerst die Konzession unverändert verlängert und dann dafür Geld massiv gekürzt. Und das ganz ohne Not.

Die Begründung für dieses demokratiepolitisch und rechtsstaatlich ungeheuerliche Vorgehen ist mehr als dürftig. Man müsse der SRG-Halbierungsinitiative den Wind aus den Segeln nehmen. Wie bitte? Wenn man das Gefühl hat, einer Initiative etwas entgegenzusetzen, macht man in unserem Land einen direkten Gegenvorschlag, über den die Bevölkerung ebenso abstimmen kann. Zudem hat die Halbierungsinitiative nicht den Hauch einer Chance. Schon vergessen, die No-Billag-Initiative wurde mit 71 Prozent Nein wuchtig abgelehnt? Die Gebühren wurden seither bei den Privathaushalten um 25 Prozent gesenkt von 451 auf 335 Franken pro Jahr.

Kontrolle über die Medien heisst Macht über die Menschen

Die Unternehmen, von denen bereits heute 76 Prozent keine Gebühren zahlen, wurden bereits um 50 Millionen entlastet. Die Gebühreneinnahmen wurden plafoniert, und die SRG hat weit über 100 Millionen Franken eingespart, trotz grossen Investitionen. So gesehen hat die SRG der Initiative längst den Wind aus den Segeln genommen. Und das weiss Herr Rösti alles ganz genau. Denn er ist intelligent und gebildet. Er kommt aus dem ländlichen Raum, wo die Nutzung von und Bindung an unser Radio und Fernsehen besonders gross ist. Er tut das, weil seine Partei Druck ausübt. Diejenigen Kräfte der SVP, die schon seit vielen Jahren die öffentlichen Medien zerstören wollen, wie alle Rechtspopulisten auf der Welt. Weil sie sie weder kaufen noch kontrollieren können, weil sie unabhängig sind. Und Kontrolle über die Medien heisst Macht über die Menschen.

Steht doch endlich mal hin und gebt es zu. Stattdessen schwafeln die gleichen Leute von «Entlastung des Mittelstands» um 35 Franken pro Jahr (!), die keinen Handlungsbedarf sehen, wenn die Mieten pro Haushalt 370 Franken pro Monat (!) gegenüber den gesetzlichen Vorgaben zu hoch sind. Die gleichen Leute, die jegliche Sparvorschläge bei den Krankenkassenprämien abgelehnt haben. Wie verlogen kann es denn noch werden? Und sie kommen davon damit. Weil die Medien nicht Paroli bieten. Warum empören sie sich nicht über diese demokratiefeindliche und skandalöse Verordnungsvorlage? Ich werde den Verdacht nicht los, dass es den Medienschaffenden irgendwie um ein «You too» geht. Die kommerziellen Medienhäuser mussten in der Vergangenheit selbst viel zu viel Federn lassen: Redaktionszusammenlegungen, Einstellung von ganzen Titeln, eine Entlassungswelle nach der anderen. Vielleicht denken sie sich: «So, jetzt kommen die von SRF mal dran, die sollen auch müssen.»

Ein winziger Teil in mir hat dafür sogar Verständnis. Fakt aber bleibt, der Kuchen, der alle Medien finanziert, schrumpft. Mit dramatischen Folgen. Wir müssen alle gemeinsam dafür sorgen, dass er wieder grösser wird. Diese Vorlage tut das Gegenteil. Darum mein Appell an Sie, liebe Leserinnen und Leser. Nehmen Sie doch einmal (bis zum 1. Februar) an einer Vernehmlassung als Privatperson teil. Es ist die einzige Möglichkeit, wie Sie etwas gegen diesen Skandal tun können.
***

Drei Franken pro Monat stärken die Kaufkraft nicht

Der Bundesrat hat auf Vorschlag von Medienminister Albert Rösti entschieden, die Haushaltabgabe von 335 auf 300 Franken pro Jahr zu reduzieren. Das geschieht mit einer Verordnung, nicht zu verwechseln mit einem Gegenvorschlag, der seitens des Bundesrats oder des Parlaments erarbeitet werden kann. (Der Bundesrat lehnt die Halbierungsinitiative allerdings ab – immerhin.)

Die Allianz Pro Medienvielfalt, die von der Bewegung Courage Civil initiiert wurde, lehnt eine weitere Reduktion der Haushaltabgabe ab. Wenn ein privater Haushalt 35 Franken pro Jahr – keine drei Franken pro Monat! – weniger bezahlt, stärkt das die Kaufkraft nicht spürbar.

Für die SRG hat die Gebührenreduktion gravierende Folgen: Nachdem sie seit 2018 bereits ein Sparpaket in der Höhe von 120 Millionen Franken verkraften musste, bedeutet der jüngste Entscheid, dass ihr Budget um mindestens 170 Millionen Franken pro Jahr schrumpft. Das hat Auswirkungen auf Programme, Vielfalt und Anzahl Arbeitsplätze.

Wir haben dieser Tage unsere Stellungnahme zuhanden des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) eingereicht. Sie ermuntert andere Akteure und Einzelpersonen, dasselbe zu tun. Dazu berechtigt sind grundsätzlich alle, die Eingaben dürfen inhaltlich vergleichbar sein. Die Vernehmlassung läuft noch bis am 1. Februar 2024.

Unsere Stellungnahme Vernehmlassung (PDF)

Es ist kurzsichtig, der SRG die Mittel weiter zu kürzen

Der Bundesrat verordnete gestern, dass die Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen von 335 auf 300 Franken pro Haushalt sinken. Es handelt sich um die dritte Reduktion seit 2017. Albert Rösti & Co. versuchen damit, der Halbierungsinitiative der SVP den Wind aus den Segeln zu nehmen (diese fordert 200 Franken).

Die Bewegung Courage Civil engagiert sich seit ihrer Gründung für Medienvielfalt; sie initiierte Anfang 202 die Allianz Pro Medienvielfalt, um der Halbierungsinitiative der SVP entgegenzutreten. Die Entscheidung des Bundesrats halten wir für falsch und mutlos.

Wenn etwas geändert werden soll, wird üblicherweise zuerst abgeklärt, was es in Zukunft braucht. Erst dann fragt man nach dem Preis. Kein Mensch geht in einen Supermarkt und frage an der Kasse, was er für 50 Franken kriege. Vielmehr überlegt er sich hoffentlich, was er an Vitaminen, Kohlenhydraten und Proteinen braucht, um sich einigermassen gesund zu ernähren. Also füllt er seinen Korb entsprechend und bezahlt an der Kasse, was die Lebensmittel kosten.

Gesunde Ernährung ist auf die Dauer wichtig, sonst gibt es Mangelerscheinungen. Genauso ist es beim Medienkonsum. Ohne unabhängige Information, einen breiten Service public, Unterhaltung und Live-Sport, verkümmert etwas. Junk macht krank.

Die Reduktion für private Haushaltungen und das Wegfallen der Unternehmensabgabe für weitere 60’000 Firmen hat einschneidende Auswirkungen. Nach 2018/2019 kommt es zu einem weiteren Leistungsabbau. Würde man ihn ausschliesslich aufs Personal abwälzen, müssten grob berechnet 850 Stellen weg.

Das passiert nicht. Aber das Angebot wird spürbar reduziert. So wie die Menschen in unserem Land sind, werden sie mit dem reduzierten Angebot unzufrieden sein, wenn die Sparübungen dereinst umgesetzt sind.

Doch zurück zum Bundesrat. Was er verordnet, ist der falsche Weg. Aus drei Gründen:

– Die Kaufkraft für einen privaten Haushalt steigt wegen einer Differenz von 35 Franken pro Jahr kaum merklich.
– Die libertäre Truppe um Nationalrat Thomas Matter (SVP) wird ihre Halbierungsinitiative nicht zurückziehen, sondern weiterhin Lärm machen und Desinformation betreiben.
– Ein Gegenvorschlag aus dem Parlament ist damit nicht vom Tisch, im Gegenteil: Einzelne Figuren werden versuchen, die Unternehmen noch weiter zu entlasten. Zur Klärung: Schon jetzt sind rund 75 Prozent aller Firmen von der Serafe-Abgabe befreit.

Dass Firmen ab einer gewissen Umsatzgrenze etwas bezahlen müssen, ist legitim. Ein Beispiel: Eine Autogarage mit 4 Millionen Franken Umsatz bezahlt zurzeit 900 Franken pro Jahr. Von morgens bis abends läuft bei ihr das Radio – im Büro und in der Werkstatt. Das darf etwas kosten.

Journalismus ist kein Geschäftsmodell mehr, den privaten Medien in der Schweiz geht das Geld aus. Inzwischen fliessen jedes Jahr 2 Milliarden Franken an Werbegeld zu den Tech-Giganten, also zu Amazon, Google und Meta (Facebook & Co.). Die Konsequenzen: Abbau, Abbau und nochmals Abbau. Vor wenigen Wochen hat der Medienkonzern TX Group (Tamedia) die nächste Sparrunde angekündigt. CH-Media wiederum gab gestern bekannt, 150 Stellen abzubauen.

Angesichts dieser Entwicklungen ist es kurzsichtig, dem öffentlichen Medienhaus noch mehr Mittel zu entziehen. Vergessen Sie das mit den gleich langen Spiessen – sie sind zerbrochen! Die SRG ist nicht schuld daran, dass Werbegeld mehr und mehr im Ausland investiert wird. Wenn die SRG weiter geschwächt wird, geht es den privaten Medien nicht besser – im Gegenteil: Die Spirale dreht weiter abwärts.

Was können wir – Sie – tun? Als erster Schritt empfehlen wir, sich hier bei der Allianz Pro Medienvielfalt einzutragen. 2500 Einzelpersonen haben das schon getan. Wir müssen wachsen, um weiter Druck aufbauen zu können.

Ergänzend: Ein unaufgeregter Text aus dem «Journal 21» zeigt auf, weshalb ein unabhängiger öffentlicher Rundfunk so wichtig ist.

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Ein gemeinsamer Ausweg aus der Medienkrise

Die meisten Medienhäuser weltweit stecken in der Krise. Die Erträge gehen zurück, die Redaktionen werden verkleinert, die Qualität sinkt. Für das Erbringen ihrer primären Dienstleistung – Journalismus – ist das ein Problem. Dabei gäbe es Lösungsansätze. Martin Oswald ist seit vielen Jahren Praktiker und Dozent. Er kennt die Medienlandschaft der Schweiz sehr gut und er kennt die Herausforderungen, die die Transformation mit sich bringen, aus eigener Erfahrung. Auf Twitter hat er konzis zusammengefasst, worum es geht. Mit seiner Erlaubnis geben wir hier seinen Text wieder.

«Guter Journalismus ist für eine funktionierende Demokratie systemrelevant und unverzichtbar.» So bringt es das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (fög) auf den Punkt.

Doch wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, wird Titel um Titel verschwinden, weil sich das Geschäft nicht mehr rechnet. Man spricht von einem Marktversagen, weil zwar alle Journalismus konsumieren, aber nur wenige dafür bezahlen wollen.

Früher war es die Werbung, die den Journalismus finanziert hat. Inzwischen fliessen jährlich 2 Milliarden Franken an Werbegelder direkt zu Google, Meta und Co. Also muss sich der Journalismus zunehmend über den Nutzermarkt finanzieren.

Während sich die ältere Generation gewohnt ist/war, für eine Tageszeitung ordentlich Geld zu bezahlen, ist die Zahlungsbereitschaft für Journalismus auf digitalen Kanälen mit ~20% tief. Die Erträge brechen weg.

Wenn der Markt versagt, aber das Gut schützenswert ist, braucht es Rahmenbedingungen, die den Journalismus in seiner Vielfalt und in seiner geografischen Breite und Tiefe langfristig ermöglicht.

Heute fressen die Kosten für Druck, Vertrieb, Strom, IT und Produktentwicklung jeden Gewinn wieder auf. «Die Medien jammern ständig», sagen Kritiker. Nun, wir versuchen eine Leistung für die Gesellschaft zu bewahren, die sich je länger je weniger finanzieren lässt.

Und was ist die Lösung?
1. Wir brauchen ein Mediengesetz, welches günstige Rahmenbedingungen schafft.
2. Wir brauchen eine stärkere Position gegenüber internationalen Tech-Konzernen. (Leistungsschutzrecht)
3. Wir brauchen als Branche gemeinsame technologische Lösungen.

Heute ist es so, dass jedes Medienhaus viel Zeit und Geld in die Produktentwicklung investiert. CMS, Paywall, Webshop, Aboverwaltung, E-Paper, Marketing-Automation, Analytics, usw. Gerade kleine Medienhäuser verschwenden hier unnötig Geld, um technologisch mithalten zu können.

Man stelle sich vor: Alle Medienhäuser bieten ihren Nutzerinnen und Nutzern die gleichen herausragenden Produkte und Services auf dem neusten Stand der Möglichkeiten an. Die Verlage konzentrieren sich derweil auf ihr Kerngeschäft: Qualitätsjournalismus.

Statt einen Wettbewerb der Technologie, hätten wir einen Wettbewerb der Inhalte. Über den Erfolg würden nur noch die Recherchen, das Storytelling, die Relevanz der Geschichten entscheiden. Gewinnen würden die Leserinnen und Leser.

Wer Medien halbiert, macht sie kaputt

Medienmitteilung zur Halbierungsinitiative der SVP, die heute eingereicht wird 

Die Allianz Pro Medienvielfalt bündelt den Widerstand gegen die Halbierungsinitiative. Sie zählt zurzeit 1500 Mitglieder. Im Co-Präsidium engagieren sich 40 Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Medien und Zivilgesellschaft. Zudem sind Organisationen dabei wie beispielsweise Suisseculture oder die IG Volkskultur, die vom Schwinger bis zur Jodlerin rund 400’000 Aktive vertritt.

Für die Allianz Pro Medienvielfalt, die von den Bewegung Courage Civil initiiert wurde, ist klar: «Ein Ja zur Halbierungsinitiative hätte ein Ausbluten von Schweizer Radio und Fernsehen zur Folge. Für den Zusammenhalt unseres Landes ist das Vermitteln von Hintergründen, Kultur und Unterhaltung aus allen vier Sprachregionen zentral.» Faktisch handle es sich um eine «No Billag 2». Die Konsequenz wäre mehr Zentralisierung und damit weniger Schweiz.

Die Allianz Pro Medienvielfalt ist daran, die eigene Community weiter auszubauen. Wer Teil davon werden will, kann sich auf ihrer Website eintragen.

Kontakt:

Mark Balsiger, Geschäftsführer der Allianz Pro Medienvielfalt & von Courage Civil
mail@courage-civil.ch
– 079 696 97 02
pro-medienvielfalt.ch

«Das ist eine Attacke gegen die Schweiz»

SRG-Generaldirektor Gilles Marchand sucht die Öffentlichkeit nicht, seine Interviews sind selten. Im «SonntagsBlick» spricht er über sein Verhältnis zu Medienminister Albert Rösti, die Halbierungsinitiative, die in den nächsten Tagen eingereicht wird, das Schliessen von Social-Media-Kanälen der SRG – und wieso man für die Filmförderung künftig noch tiefer in den Gebührentopf greift.

Dieses Interview wird hier online verlinkt.

Optional kann es hier als PDF heruntergeladen werden.
«Diese Initiative ist ein Angriff gegen die Schweiz» (PDF)

 

Debatte um die Halbierungsinititive beginnt – eine Auslegeordnung

Seit rund 13 Monaten ist die libertäre Gruppe um SVP-Nationalrat Thomas Matter und Ex-Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler daran, Unterschriften für ihre Halbierungsinitiative zu sammeln. Im Gegensatz zu «No Billag» (2018) zielt sie ausschliesslich auf die SRG. Mitten im Hochsommer beginnt die Debatte um das öffentliche Medienhaus und den Service public. Den Auftakt macht der «Tages-Anzeiger» und seine Kopfblätter von Winterthur («Landbote») bis Interlaken («Berner Oberländer»). Der Artikel wurde aufwändig recherchiert und kommt ohne Schlagseite aus. Ein gutes Stück, deren Lektüre sich lohnt – hier als PDF zu lesen.

Und wieder geht es gegen die SRG («Tages-Anzeiger», PDF, 6. Juli 2023)

Karikatur: Schaad 

Es geht um weit mehr als die Halbierung der Medienabgabe



Die Unterschriften
für die Halbierungsinitiative sind also beisammen. Damit kann die libertäre Gruppe um SVP-Nationalrat Thomas Matter und Noch-Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler schon wieder zum Halali auf die verhasste SRG blasen. Wohlan.

Die Schweiz kommt aus einer beispiellosen Krise, die unserer Gesellschaft sehr zugesetzt hat. Just in einer Zeit, die von Polarisierung und Desinformation geprägt ist, erfolgt der nächste Angriff auf die Medienvielfalt. Natürlich kann die SRG auch mit einer Medienabgabe von 200 Franken pro Haushaltung noch Programme gestalten. (Bis 2018 betrug sie übrigens noch 450 Franken, aktuell liegt sie bei 335 Franken, was einer Reduktion von 25 Prozent entspricht.)

Viele Programme würden bei einem Ja wegfallen – von den teuren Informations- und Hintergrundsendungen über Live-Sport bis zu Unterhaltungskisten, die viele Leute mögen. Nicht zu vergessen: Die SRG ist die grösste Kulturproduzentin des Landes. Nach einem Ja zur Halbierungsinitiative würde für Film-, Literatur- und Musikförderung nichts mehr übrigbleiben.

Klar, deswegen geht die Schweiz nicht unter. Aber eine Schweiz ohne Filme wie «Die göttliche Ordnung», ohne Serien wie «Tschugger» oder «Wilder», ohne Förderung der Literaturfestivals und ohne «Radio Swiss Pop» mit einem Anteil von 50 Prozent Schweizer Musik wäre eine markante Verarmung.

Damit sind wir sind beim entscheidenden Punkt angelangt.

Bei der Abstimmung über die Halbierungsinitiative geht es nicht nur um die Finanzierung des öffentlichen Medienhauses. Es geht im Kern um die Frage, ob sich die «Ich-Ich-Ich!»-Schweiz durchsetzt oder die «Wir»-Schweiz. Es geht also um Egoismus vs. Gemeinsinn.

Das gesamte Angebot der SRG kostet 90 Rappen pro Tag

Doris Dosenbach findet die Hintergrundsendungen von Radio SRF und einige Podcasts top, das Fernsehangebot hingegen hält sie für unterkomplex. Ihr Nachbar Hugo Hugentobler schaut sich mit Freude die Quiz- und Kochsendungen an, News und Dokumentationen interessieren ihn hingegen nicht. Dass sich seine Kinder auf Youtube, Instagram und Tiktok viele SRG-Inhalte reinziehen, kriegt er nicht mit.

Die Dosenbachs und Hugentoblers dieses Landes zeigen Gemeinsinn, wenn sie die Präferenzen der anderen nicht nur respektieren, sondern auch bezahlen, genauso wie Kinderlose die Sanierungen der Schulhäuser mitfinanzieren. Aktuell kostet das gesamte Angebot der SRG 90 Rappen pro Tag, rund 75 Prozent aller Firmen sind von der Medienabgabe befreit.

Schon heute lässt sich erahnen, was mit der Halbierungsinitiative auf uns zukommt, bei der es sich faktisch um eine «No Billag 2» handelt, denn: Ist die SRG erst einmal halbiert und kann kein Vollprogramm mehr bieten, verabschiedet sich auch die Masse. Mit dem dritten Frontalangriff wird die SRG dann vollends ausradiert.

Was geschieht, wenn man die Medien den Kräften des Marktes überlässt, zeigen die USA: Ein Präsident Donald Trump wurde nur möglich, weil er den grossen werbefinanzierten TV-Fernsehstationen hohe Einschaltquoten bescherte. Es leuchtet ein, dass der Markt in der kleinräumigen viersprachigen Schweiz nicht mehr funktioniert.

Innerhalb von 15 Jahren schmolz der Werbeumsatz auf einen Drittel

Die privaten Medien in der Schweiz konnten 2007 mit Werbung 2,2 Milliarden Franken erwirtschaften. Im letzten Jahr waren es noch 730 Millionen Franken. Innerhalb von 15 Jahren ist der Werbeumsatz also auf etwa einen Drittel geschmolzen. Nicht die SRG ist schuld daran, das Werbegeld fliesst zu den Tech-Giganten in Kalifornien, also zu Amazon, Google und Meta (Facebook & Co.). Diese Entwicklung ist irreversibel, mittelfristig lässt sich mit Journalismus kein Geld mehr verdienen.

Mit deutlich teureren Abonnements können die Schweizer Medienhäuser den Abfluss an Werbegeld nicht annährend kompensieren. Die Bereitschaft, für Online-Journalismus zu bezahlen, liegt aktuell bei 17 Prozent. Vor fünf Jahren betrug dieser Wert 13 Prozent. So viel zum «Medienmarkt» Schweiz. Angesichts dieser Entwicklung ist es hirnverbrannt, das öffentliche Medienhaus der Schweiz halbieren zu wollen.

Die Volksabstimmung zu «No Billag 2» wird 2026 oder 2027 stattfinden. Der Ausgang ist offen, weil die Forderung verführerisch klingt.

Wir von der Bewegung Courage Civil daran, in Fronarbeit eine Allianz gegen die Halbierungsinitiative aufzubauen. Sie heisst Allianz Pro Medienvielfalt. Du kannst Teil davon werden. Das kostet nichts – ausser drei Minuten Lektüre und dem Hinterlassen deiner Daten. Hier lang: pro-medienvielfalt.ch/

Das Ja zum Klimaschutzgesetz ist der erste Schritt

Das Stimmvolk hat heute mit 59 Prozent sehr deutlich Ja gesagt zum Klimaschutzgesetz. Damit ist der Rahmen gesetzt für Netto-Null bis 2050. Die Bewegung Courage Civil, die sich in den letzten Monaten für ein Ja engagiert hat, ist erfreut über das Resultat. (Sie nannte die Vorlage Gletschergesetz, in Anlehnung an die Gletscherinitiative, die den Weg ebnete.) Sie dankt allen, die in der Ja-Allianz mitgewirkt haben.

Der erste Schritt ist gemacht, weitere Schritte müssen folgen. Die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien muss zügig ausgebaut werden, sonst klappt die Dekarbonisierung nicht. Das braucht kluge Gesetze und viel Überzeugungsarbeit. Klar ist, dass jedes neue Gesetz errneut das Referendum überstehen muss.

Zurück zum Klimaschutzgesetz: Fortan gelten Zwischenziele. Bis 2040 müssen die Emissionen gegenüber 1990 um 75 Prozent zurückgehen. Ab dem Jahr 2050 dürfen Gebäude und Verkehr kein Treibhausgas mehr ausscheiden.

Wir müssen endlich ins Handeln kommen

Gedanken unseres Beirats Benedikt Meyer* zum Klimaschutzgesetz, über das die Schweiz am 18. Juni abstimmt.

Ehrlich gesagt: Mir ist die Lust vergangen, mich fürs Klimaschutzgesetz einzusetzen. Ich bin müde, immer wieder dasselbe zu erwähnen. Aktuell herrschen Temperaturen von gegen 40 Grad Celsius in Sibirien, China erreicht stellenweise gar gegen 50 Grad, Spanien hat eine massive Wasserknappheit, in Frankreich herrscht noch immer vielerorts Dürre und der Frühling bei uns war zwar verregnet, aber trotzdem deutlich zu warm.

Aktuell stehen wir bei einer bereits eingetretenen Erwärmung von plus 1.2 Grad. Plus 1.5 Grad bedeuten noch dramatischere Extreme, und was es heisst, wenn wir nichts tun, darauf mag ich gar nicht eingehen. Nur soviel: Die Sicherheit der eidgenössischen Stromversorgung ist dann nur ein kleines Problem unter deutlich grösseren.

Klar können wir über die Finessen des neuen Gesetzes diskutieren, sofern wir uns in die 1980er-Jahre zurückbeamen und die Diskussion dort führen könnten. Denn das wäre die Zeit für Debatten gewesen. Jetzt müssen wir handeln und zu diesem Handeln haben wir uns als Schweiz auch verpflichtet.

Die Schweiz sagte 2015 «Oui» am Pariser Klimagipfel. Es geht nicht, dass wir jetzt an der Urne «…mais!» sagen. Wir müssen endlich ins Handeln kommen, und darum stimme ich am 18. Juni dezidiert Ja zum Klimaschutzgesetz.

* Benedikt Meyer ist Historiker, Buchautor und Kabarettist. Er lebt in Basel.