Der 6. Dezember 1992 ist eine markante Landmarke. Heute vor 30 Jahren entschied das Schweizer Volk nach einer langen und emotionsgeladenen Debatte über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Die Stimmbeteiligung betrug nicht weniger als 79 Prozent, mit 50,3 Prozent Nein ging die Abstimmung äusserst knapp aus. Die politische Schweiz war daraufhin während mehrerer Jahre paralysiert, viele Leute sagen, dass sie das EWR-Nein politisiert habe.
Die Schweiz und Europa – das ist ein Chnorz. Laut einer aktuellen Umfrage werden stabile Beziehungen zur EU als gleich wichtig bezeichnet wie eine möglichst neutrale und eigenständige Schweiz – also ein Patt. Die Grünliberalen reichen in dieser Woche einen Vorstoss ein, der den Bundesrat zu EWR-Beitrittsverhandlungen zwingen soll. Mehrere Organisationen haben eine Europa-Initiative erarbeitet und suchen derzeit Geld und weitere Verbündete. Seitdem der Bundesrat die Verhandlungen für ein Rahmenabkommen im Mai 2021 einseitig abbrach, reiste Staatssekretärin Livia Leu inzwischen sechsmal nach Brüssel, um Sondierungsgespräche zu führen. Heute lancieren 196 Prominente ihren «Aufruf zum Handeln» (PDF).
Das ist, kräftig eingedampft, der aktuelle Stand der Dinge.
Und jetzt ein Blick zurück auf die EWR-Abstimmung vor 30 Jahren, was die Basis legt für den Blick in die Zukunft. Wir führen hier ein kleines Dossier mit Medienberichten, Interviews und zwei Buchtipps. Es wird in den nächsten Tagen ergänzt.
Zum Einsteigen:
– Über die verklärte Souveränität der Schweiz (PDF)
Ein ergiebiges Interview mit dem Historiker André Hollenstein und dem Juristen Thomas Cottier (NZZ)
– 6. Dezember 1992 (PDF)
Die Kolumne von Philipp Loser («Das Magazin»)
– Warum die EWR-Abstimmung bis heute vieles in der Schweiz erklärt
Das Interview mit dem Politologen Claude Longchamp (swissinfo)
Für die Ohren:
Als die Nostalgie siegte
Ein Podcast mit Fabian Renz (Tamedia; Dauer: 22 Minuten)
– «Blocher hatte die bessere Einschätzung»
Ein Interview mit dem Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann (SRF)
Schliesslich zwei Buchtipps:
– Die Souveränität der Schweiz in Europa (2021)
André Hollenstein und Thomas Cottier (siehe Interview am Anfang dieser Liste)
Stämpfli Verlag
– Schweiz und Europa – eine politische Analyse (2022)
Nicola Forster (Co-Gründer Think Tank foraus) & Andreas Schwab (Abgeordneter deutscher Bundestag)
Verlag Herder